Mitte August war ich mit der tollsten Frau vonne Welt 10 Tage lang auf der nordfriesischen Insel Amrum. Sie wird als „Insel der Freiheit“ beworben – ich würde sie „Insel der Ruhe“ nennen.
Amrum ist die falsche Wahl für diejenigen, die nach Party suchen. Es gibt wohl eine Dorfdisko beim Örtchen „Nebel“, aber ich bezweifle, dass der feierwütige Gast voll auf seine Kosten kommt.
Baden kann man natürlich als Amrum-Besucher. Der Westen der Insel ist ein einziger Strand. Ein breiter Strand. Stellenweise so breit, dass man weit laufen muss, bis man feuchte Füße bekommt. Und das Wasser ist lange so flach, dass man dann erstmal nicht zum Schwimmen kommt. Auch die Brandung, die zum Beispiel auf Norderney für Badespaß sorgt, hat man hier wohl nur selten. Vermutlich ist man mit kleineren Kindern an so einem Strand gut aufgehoben – man muss halt nur erstmal bis zum Wasser wandern.
Wir waren auf Amrum natürlich auch mal baden, wir waren zu Fuß und mit dem Fahrrad unterwegs, haben Führungen genossen, die Natur, und wir haben Ruhe und Entspannung gefunden.
Beim Vogelwärter des Vogelschutzgebiets am Nordende der Insel gibt es jeden Morgen um 10 (außer montags) eine Führung. Die Aufgabe des Vogelwärters wird im Wechsel übernommen, in unserem Fall war es ein ehemaliger Polizist, dessen Vortrag anzumerken war, dass er früher beruflich unterrichtet hat. Für mich war es ein sehr guter Vortrag eines Menschen, der sich seit langem um den Tierschutz kümmert und viel mehr zu erzählen hat, als in die Zeit und den Rahmen passt. Die Kinder könnten überfordert gewesen sein; die haben sich wohl teilweise gelangweilt. Da die tollste Frau vonne Welt mit ihren Fragen nicht zum Zuge gekommen war, hat sie sie nach der Führung gestellt, und wir haben dann bestimmt noch eine Viertelstunde beim Vogelwärter gesessen, der von der Kindererziehung über seine Einsätze in Brockdorf („auf der anderen Seite“, wie er so schön sagte) bis hin zum Kommunismus viel zu erzählen hatte.
Am Nachmittag desselben Tags wollten wir uns die Grabsteine des Friedhofs in Nebel zeigen und dazu einige Insel-Legenden erzählen lassen. Zumindest ich hatte mir die Führung, die jeweils Dienstags um 17 Uhr stattfindet, so vorgestellt. Als wir am Treffpunkt in der Kirche saßen (und somit sozusagen gefangen waren), kam ein Herr herein, der sich als Ehemann der Pastorin vorstellte und einen einstündigen Vortrag ankündigte. Danach würde man noch kurz Grabsteine kucken gehen (die aber eh gerade in der Sanierungsphase sind). Da denkt man sich erstmal „Oh je!“, aber auch dieser Mann war ein Glücksgriff des Vortragens und Erzählens. Als Architekt hatte er einiges zum Bauwerk zu sagen, in dem wir saßen, hat sich dabei aber nicht zu sehr in sein Fachgebiet vertieft, so dass der Laie nicht überfordert oder gelangweilt wurde. Und er hatte einige Anekdoten zur Geschichte und Gegenwart der Kirche zu bieten. Nachher haben wir uns auch noch die Grabsteine angesehen – mit kritischen Anmerkungen zu den „Insel-Helden“. Er hat auch ein wenig seine Führung für Kinder beworben, und ich denke, dass er auch da seine Sache sehr gut machen wird.
Schön ist auch das das Amrum-Haus („Öömrang Hüs“), in dem zum Teil historische Einrichtung erhalten wurde – zum Teil aber auch Anachronistisches ausgestellt ist. Mir ist es ein Rätsel, wie man damals in derart kleinen Betten schlafen konnte. Uns wurde erklärt, dass man eine komplett liegende Position mit dem Tod in Verbindung gebracht und gemieden hätte. Zusätzlich gibt es im Haus wechselnde Ausstellungen, derzeit zu einer der auf der Insel berühmten historischen Persönlichkeiten, Hark Nickelsen.
Die Natur der Insel haben wir mit (gemieteten) Fahrrädern erkundet. Bei einer Länge von 10 und einer Breite von 2,5 Kilometern ist das auch dem mäßig sportlichen Gast möglich. Und vielleicht kann man ja nach einem guten Essen im Nachbardorf ein paar Kalorien gleich wieder wegstrampeln. Die (einzige) Hauptstraße längs über die Insel ist für Fahrradfahrer nicht so gemütlich, aber es gibt westlich und östlich davon Wege, die meistens gut zu befahren und auch weniger voll sind. Eine detaillierte Insel-Karte gibt es im Touristik-Büro für 2,50 €.
Wir haben auch die Gelegenheit zu einer Wattwanderung zur nächsten Insel, Föhr, genutzt. Es gibt wohl drei Leute, die einen über’s Watt führen: einen mit Kapitäns-Mütze, einen, der mit Megaphon arbeitet (und so leider die anderen Führungen gleich mit beschallt) sowie einen, der ohne Sperenzchen unterwegs ist. Wir sind mit Dark Blome durch’s Watt gelaufen und waren damit sehr zufrieden. Es ist faszinierend anzusehen, wenn dort, wo man vor einer halben Stunde knietief im Wasser stand, nun ein Auflugsboot entlangfährt. Und wenn eine Viertelstunde, nachdem man Föhr erreicht hat, das Meer sich wieder das ganze Watt zurückgeholt hat. Auf Föhr sind wir noch ein wenig durch Nieblum gelaufen und haben uns in Wyk das Nationalpark-Haus angesehen (dessen Räumlichkeiten im selben Flur liegen wie die des Bauamts – was für eine Kombination).
… und nach ein paar Tagen Aktion und Besichtigungen habe ich mir ein gutes Buch genommen, mich im Garten in den Schatten eines Baums gelegt und geschmökert. Später hat sich die tollste Frau vonne Welt dazugesellt und wir haben uns was vorgelesen.
Wir haben unseren Urlaub sehr genossen. Ich kann die Insel empfehlen. Ich werde aber selbst vorerst nicht noch einmal hinfahren. Ich habe das Gefühl, ich habe das meiste dort gesehen, und will mir das nächste mal eher eine andere Insel anschauen. Gibt ja noch mehr davon …