Die Menschen in der S-Bahn haben komisch gekuckt. Dabei hab ich doch nur gelacht. Weil ich was Lustiges gelesen habe. Sowas irritiert die Leute anscheinend. Aber manch einer freut sich auch mit.
Ich hatte Die Känguru-Chroniken von Marc-Uwe Kling schon mal gelesen. Als ich hörte, dass es es einen zweiten Teil gibt, habe ich erst noch mal den ersten gelesen, und gleich hinterher Das Kanguru-Manifest. Es ist aber auch einfach – man möge das nicht falsch verstehen – gute S-Bahn-Literatur. Die Bücher bestehen aus vielen Episoden mit je wenigen Seiten, da muss man nicht wie in einem Roman immer mitten im Kapitel zu lesen aufhören. Es spricht aber auch gar nichts dagegen, die Bände am Stück zu verschlingen.
Die Geschichten sind aus der Perspektive eines gewissen Marc-Uwe erzählt. Eines Tages steht ein Kanguru vor seiner Tür: sein neuer Nachbar. Das schlaucht sich gleich mal durch. Es hat keine Eier, kein Salz, es hat keine Schüssel, und wenn es recht bedenkt ja noch nicht mal einen Herd. Bald nistet es sich dann auch in der Wohnung ein. Für Marc-Uwe ist das eher bedingt lustig, für den Leser aber sehr.
Dieser Marc-Uwe macht sich seinen Reim auf die bestehenden Verhältnisse: Er ist Dichter, Sänger und Kabarettist. Das Känguru ist da radikaler. Als Vietnam-Veteran (behauptet es jedenfalls), natürlich auf Seiten des Vietkong, schreibt es sein eigenes Manifest und gründet später eine Terror-Organisation. Wenn es nicht gerade Marc-Uwes Schnapspralinen vernichtet.
So schwankt das Buch munter zwischen den Schwierigkeiten, vorm Fernseher Cocktails zu trinken, wenn der auf dem Kopf steht, und der Absurdität eines Axel-Springer-Preises für Journalismus. Auch die Zitate, die dadurch eine komplette Umkehrung finden, indem man nur einen anderen Namen drunterschreibt, sind köstlich. „Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“ bekommt doch gleich einen ganz anderen Klang, wenn man es Silvio Berlusconi unterschiebt.
Und weil eine Chronik und ein Manifest für das nicht eben bescheidene Känguru nicht genug sind, kündigt die letzte Seite des zweiten Bands Die Kanguru-Offenbarung an. Das könnte natürlich ein Scherz sein – ist es aber dem Känguru sei Dank nicht. Der Autor hat für den Herbst ein gleichnamiges Programm angekündigt.