Der folgende Beitrag liegt schon lang auf meiner Platte. Er ist zwar nicht mehr ganz aktuell, aber gerade wegen des letztens Absatzes wollte ich ihn der Welt dann doch nicht vorenthalten…
Ich spiele seit Jahren gerne auch mal Ballerspiele. Ego-Shooter. (Und habe dennoch nicht den Drang zum Amok-Lauf.) Ich habe „damals“ Castle Wolfenstein, Doom, Quake und Unreal Tournament gespielt, und seit Call of Duty ist die Lust zum Ballern wieder aufgeflammt; nun vor allem online gegen menschliche Mitspieler. Vor ein/zwei Monaten habe ich mir den vorletzten Teil der Serie, Black Ops, besorgt. (Dem damals aktuellsten Teil wollte ich noch ausweichen.)
Seitdem stelle ich mal wieder fest: Ich kann’s nicht. Jedenfalls nicht so gut wie die Mitspieler. Ein Zeichen für den Erfolg ist die Anzahl der virtuellen Tode, die man anderen zugefügt hat, im Vergleich zur Anzahl der Tode, die die eigene Spielfigur gestorben ist. Praktisch immer bin ich deutlich öfter gestorben.
Ich habe das darauf geschoben, dass man in meinem Alter vielleicht doch nicht mehr ganz so schnell ist, wie man mal gewesen sein könnte (wenn man nicht sogar, wie in meinem Fall, schon immer etwas langsamer als andere war). Und darauf, dass man mit 14 einfach mehr Zeit zum Trainieren hat als mit 40. Das ist auch sicherlich beides richtig.
Aber vor ein/zwei Wochen habe ich mir mal Gedanken gemacht, warum ich so oft sterbe. (Ich verwende „sterbe“ und co jetzt mal ohne Anführungsstriche – in der Hoffnung, dass jeder weiß, dass dabei kein Mensch zu Schaden kommt.) Es passiert mir regelmäßig, dass ich um eine Ecke renne, und plötzlich stehe ich vor einem (meist ebenso überraschten) Gegner. Wir beide schießen – ich bin tot. Und nach Monaten (oder Jahren?) habe ich dann auch mal gemerkt, woran das liegt: Es dauert den entscheidenden Sekundenbruchteil länger, seine Waffe zu zücken, wenn man gerade gelaufen statt gegangen ist. Manchmal arbeitet mein Hirn wohl etwas langsamer…
Jetzt trainiere ich mir mühsam das Rennen ab. Manchmal muss man natürlich rennen. Wenn man dem Gegner seine Flagge geklaut hat und der davon nicht so begeistert ist, zum Beispiel. Aber im Normalfall ist es einfach viel besser für die Gesundheit, es etwas ruhiger angehen zu lassen. Dann kann man gegebenenfalls hinter der nächsten Ecke schneller aktiv werden.
Ich bin jetzt nicht der schärfste Kämpfer unter der Sonne. Aber ich bin jetzt öfter mal konkurrenzfähig – das war ich vorher nicht.
Übrigens finde ich, es hat etwas, dass ich mit Polen, Russen, Franzosen, Amerikanern und vielen anderen Krieg spiele. Wer weiß… vielleicht haben unsere Urgroßväter mit echten Waffen aufeinander geschossen. Vielleicht hat sogar der Urgroßvater des einen den Urgroßvater des anderen auf dem Gewissen. Man mag über das Krieg Spielen denken, wie man will. Aber man wird schwer umhinkommen, mir zuzustimmen, dass es im Vergleich zu damals ein enormer Fortschritt ist. Für mich ist das ungefähr die einzige Sache, die ich regelmäßig bewusst mit Bewohnern anderer Länder tue: Ich spiele mit ihnen. Und nur die virtuelle Gesundheit leidet. Ich find‘ das schön.