Steam Machines – die Linux-Konsolen

Heute betritt Valve das Wohnzimmer. Die ersten Steam Machines – kom­pak­te Linux-Spiele-PCs – sind offi­ziell er­schie­nen. Außer­dem gibt es ab heute das Streaming-Kistchen Steam Link und das inno­va­ti­ve Game­pad Steam Controller zu kaufen.

Welche Bedeutung hat Valve?

Auch Konsolenspieler haben ver­mut­lich schon von Valve und Steam ge­hört. Aber selbst ein Kol­le­ge, der an Kon­so­le und PC spielt, konn­te nicht so rich­tig ein­schät­zen, wo­mit Valve sein Geld ver­dient. Ja, sie haben Half-Life, Portal und andere Spiele gemacht. Ja, Half-Life 3 würde sich sicher­lich gut ver­kau­fen. Vor allem aber ist Steam, der On­line-Dienst von Valve, inzwischen der Quasi-Mono­po­list in Sa­chen Spie­le-Ver­­käufe auf dem PC. Wer sein Spiel nicht in der Schach­­tel kauft, kauft es wahr­schein­lich bei Steam. Selbst Kon­kur­ren­ten bieten ihre Spiele häufig auch bei Steam an. Die Umsätze von Valve sind nicht bekannt, aber allein der Summer Sale 2015 hat fast eine Vier­­tel­­mil­­li­­ar­­de Dol­lar um­­ge­­setzt. Valve ist groß.

Steam Link

Steam Link ist ein kleine Box für 55 Euro, mit der man seine Spiele vom PC auf den Fern­seher strea­men und von der Couch aus steu­ern kann. Wer schon einen PC hat und auf dem Sofa spielen will, für den könnte das die ideale Lösung sein. Aber die Sache hat einen Haken: Eine kabel­ge­bun­de­ne Netz­werk­ver­bin­dung wird drin­gend em­pfoh­len. Wenn man WLAN ver­wen­den möchte, wird man schnel­le Spiele wohl nicht zu­ver­läs­sig spielen können. Das schränkt die Mög­lich­kei­ten dann doch für viele wieder ein.

Dennoch ein interessantes Stück Hard­ware, das da­für, dass es Netz­werk und WLAN be­treibt, die Ein­ga­ben des Con­trol­lers auf­nimmt und weiter­gibt und um­ge­kehrt die Video­aus­gabe wei­ter­reicht, mei­nes Er­ach­tens auch nicht viel Geld kostet.

Steam Controller

Der Steam Controller, ebenfalls für 55 Euro zu haben, ist Valves Ant­wort auf das Pro­blem, dass die Maus nicht auf der Sofa­lehne funk­tio­niert. Valve hat tau­sen­de Spiele im An­ge­bot, und na­tür­lich sind auch viele davon per Con­trol­ler spiel­bar. Doch viele sind eben auf Maus und Tas­ta­tur aus­ge­legt oder ge­hö­ren von vorn­he­rein Genres an, die damit besser zu be­die­nen sind, seien es Ego­shooter (die auf Kon­so­len nur mit au­to­ma­ti­schen Ziel­hil­fen gut funk­tio­nie­ren), Echt­zeit- oder Run­den­stra­te­gie, Adventures oder andere. Eigen­tlich alles, wo man sowohl schnell als auch exakt an­vi­sie­ren können muss.

Der Steam Controller

Der Hauptunterschied des Steam Controllers zu anderen ak­tu­el­len Game­pads sind die zwei Track­pads und ihre um­fas­sen­de Kon­fi­gu­rier­bar­keit. Man kann die Track­pads so ein­stel­len, dass sie meh­re­re Tas­ten er­set­zen, so, dass sie als Ana­log­stick fun­gie­ren oder auch so, dass sie fast eine Maus er­set­zen kön­nen. Außer­dem bieten sie ein ent­sprech­en­des hap­ti­sches Er­leb­nis: Sie können sich an­füh­len wie Knöpfe, ein großes Track­pad oder eine Rolle, heißt es. (Selbst aus­pro­bie­ren konnte ich es leider noch nicht.)

Der Nutzer kann das und anderes um­fang­reich ein­stel­len, und damit das nicht jeder selbst machen muss, kann man die Ein­stel­lung­en hoch­laden be­zie­hungs­wei­se sich aus den hoch­ge­la­de­nen be­die­nen. So sollen sich mit dem Steam Controller Maus-ori­en­tier­te Spiele genau­so gut spie­len lassen wie die, die auf Game­pads aus­ge­legt sind.

Die Steam Machines

Steam Machines sind kompakte Spiele-PCs, die unter Valves Linux-Di­stri­bu­tion SteamOS laufen und mit Steam Con­trol­ler aus­ge­lie­fert werden. Valve hat selbst keine eigene Steam Machine ge­baut, son­dern ver­lässt sich dabei auf Partner. Die ersten Steam Machines kom­men von Alien­ware, Zotac und Syber. Giga­byte, Alter­nate und viele andere Her­steller wollen folgen. Die ersten vor­ge­stell­ten Maschinen sind eher so klein wie die Wii als so groß wie die Xbox oder gar ein han­dels­üb­li­cher PC. Ein­ge­baut sind CPUs und Grafik­kar­ten ziem­lich un­ter­schied­licher Quali­tät. Die Grafik­karte ist wohl regel­mäßig fest ver­baut, so dass sie sich später nicht, wie vom PC ge­wohnt, durch ein bes­se­res Modell er­set­zen lässt.

Steam Big Picture Mode
Steam im „Big Picture Mode“ mit einigen SteamOS-/Linux-Spielen

Als Linux-Nutzer habe ich die Ent­wick­lung der ver­füg­baren Spiele fast von Anfang an ver­folgt – und muss mich ab und zu noch knei­fen. Von einst 34 Spielen bis zu den über 1500 heute war es ein er­staun­licher Weg. Doch natür­lich laufen nicht alle Spiele unter Linux, die es für Win­dows gibt, und vor allem im Bereich der ganz großen, „Triple-A“ ge­nann­ten Spiele klafft eine „Ver­sor­gungs­lücke“.

Warum macht Valve sowas?

Zur Entwicklung der Steam Machines haben wohl haupt­säch­lich zwei Gründe geführt: Die Ent­wickl­ung bei Windows und der Kon­so­len-Markt.

Windows entwickelt sich so langsam in Richtung eines ge­schlos­se­nen Sys­tems. Es bringt jetzt einen „App Store“ mit, in dem man Pro­gram­me direkt kaufen kann. Es wird lang­sam schwerer, Windows ohne Micro­soft-Konto zu nutzen, einige Features von Win­dows 10 funk­tio­nie­ren ohne schon nicht mehr. So will Micro­soft die Nutzer im eigenen Öko­sys­tem halten (wie bei Smart­phones längst üblich). Das kann Valve, das sein Geld mit dem Ver­kauf von PC-Soft­ware verdient, nicht ge­fal­len. Daher setzt man dort auf ein neues, auf Linux auf­set­zen­des System. Wohl nicht, um Windows den Rang ab­zu­lau­fen. Aber man schafft sich ein zu­sätz­li­ches Stand­bein.

Außerdem wird ein großer Teil des Gelds für Computer­spiele „im Wohn­zimmer“ aus­ge­ge­ben. Viele Men­schen wol­len ein­fache Sys­teme, die sie an ihren Fern­seher an­schlie­ßen kön­nen und an denen sie, sich in der Couch lümmelnd, spielen können. Natür­lich kann man seinen PC so zu­sam­men­bau­en, dass er im Wohn­zimmer nicht auf­fällt, und ihn so kon­fi­gu­rie­ren, dass man bequem damit spielen kann. Die mei­sten Men­schen können oder wollen das aber nicht selbst machen (und das ist auch völlig ok so). Sie wollen die Kiste kaufen, an­stöp­seln und los­spie­len. Und das Geld dieser Men­schen möchte Valve nicht mehr kampf­los Sony (Play­station), Nin­ten­do (Wii) und Micro­soft (Xbox) über­las­sen.

Was bringen Steam Machines für PC-Spieler?

Für PC-Spieler ist der Unterschied letztlich nicht so groß. Als Vor- und Nachteile sehe ich…
+ einfacheres, kompaktes System („Wohnzimmer-tauglich“)
+ vorhandene Spiele-Sammlung läuft teilweise auf dem neuen System
+ ggf. Streaming vom Windows-PC ins Wohnzimmer
– es laufen nicht alle PC-Spiele
– schlechtere Aufrüstbarkeit
– derzeit kaum AAA-Spiele

Was bringen Steam Machines für Konsolen-Spieler?

Im Vergleich zu Konsolen sind die Unterschiede schon größer:
+ bessere Hardware
+ teilweise aufrüstbar
+ sehr viele Spiele zur Markteinführung (SteamOS hat zum Start mehr Spiele als Wii, Xbox 360 oder PlayStation 3 nach neun Jahren)
+ besserer Zugang zu manchen Spiele-Genres dank Steam-Controller
+ Spiele laufen weiterhin, wenn man neue Hardware kauft
+ Spiele oft billiger
+ keine Extra-Kosten für’s online Spielen
– Hardware teurer
– Spiele sind nicht auf exakt deine Hardware zugeschnitten
– man muss gelegentlich aufrüsten, damit aktuelle Spiele gut laufen
– derzeit kaum AAA-Spiele
– keine Exklusiv-Spieletitel

Werden Steam Machines ein Erfolg?

Für viele PC-Spieler scheint mir das Angebot nicht über­mäßig in­ter­ess­ant zu sein. Sie haben einen PC, mit dem sie poten­tiell alle PC-Spiele spie­len können – da ist ein PC, mit dem man nur einen Teil davon spie­len kann, erst­mal nicht attrak­tiv. Mit Steam Link und Steam-Con­trol­lern können sie auch im Wohn­zimmer spielen, ohne eine Steam Machine zu kaufen. Aller­dings sollte man dafür wohl eine Kabel­ver­bin­dung legen, was nicht für jeder­man prak­ti­ka­bel ist. Als Windows-Spieler würde ich mir im Zwei­fel einen Klein-PC kaufen, Win­dows auf­spie­len und ihn als Spiele-Kiste kon­fi­gu­rie­ren, aber selbst Basteln ist natür­lich auch nicht jeder­mans Sache. Viel­leicht über­legt der eine oder andere ja beim Neu­kauf eines PCs, ob er dies­mal eine Steam Machine kauft. Dann kann er alle alten Spiele per Strea­ming spie­len und alle neuen für SteamOS kaufen.

Wenn ich als Nicht-Konsolenbesitzer versuche, mich in diese hi­nein­zu­ver­set­zen, könnten Steam Machines schon in­ter­es­san­ter sein. Man will nicht bas­teln und nicht kon­fi­gu­rie­ren, man will ein­schal­ten und zocken. Das kann ich bei den Steam Machines be­kom­men. Die Er­wei­ter­bar­keit der Hard­ware ist Segen und Fluch zu­gleich: Ich kann immer bes­se­re Hard­ware kau­fen und so noch schi­ckere Spiele spielen. Aller­dings bin ich auch eher als bei der Konsole prak­tisch ge­zwun­gen, für neue Hard­ware zu sorgen, wenn ich aktu­elle Spiele in guter Quali­tät spielen will. Sparen kann man dafür bei den Spielen selbst. AAA-Pro­duk­tio­nen kosten zwar in­zwi­schen auch auf dem PC 60 Euro, man kann aber, zum Bei­spiel bei Steam-Sales, sehr viele Spiele für teil­weise extrem wenig Geld be­kom­men. Und wenn man eines Tages eine neue Steam Machine kauft, laufen alle Spiele wei­ter­hin. Bei der Xbox One macht es die Spieler ja schon froh, wenn einige aus­ge­wähl­te Spiele der vorherigen Hard­ware-Ge­ne­ra­tion laufen.

Kurz gesagt: Ich weiß nicht, wie erfolg­reich Steam Machines wer­den. Aber es ist nicht davon aus­zu­gehen, dass sie in der näch­sten Zeit die eta­blier­ten Kon­solen ab­lösen.

Wie ist es bei dir?
PC? Konsole? Steam Machine?
Steam Controller? Steam Link?

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