Test gescheitert – Leserbrief an die c’t

Ich bin schon seit den Neunzigern Abonnent der Computerzeit­­schrift c’t. In letzter Zeit beschäftigt sie sich auch gelegentlich mit einem meiner Lieblingsthemen, Computerspielen unter Linux. In der letzten Ausgabe sogar mit einem ganzseitigen Artikel – der meines Erachtens leider ziemlich in die Hose gegangen ist.

Die c’t ist ein wenig speziell. Sie zeichnet bei Vergleichen nie einen Test­­sieger aus, und sie müht sich, im Fazit auch an schwächeren Produkten positive Aspekte zu erwähnen. Man muss sich seinen Favoriten nach seinen Kriterien heraussuchen, statt sich nach einer Schul­­note zurichten, die nach Kriterien anderer Leute zustande­­ge­­kom­­men ist.

Doch der Heftartikel über die Por­­tie­­rung des neuen Runden­­stra­­te­­gie­­­­spiels XCOM 2 auf Mac und Linux unter dem Titel „Mission ge­­schei­­tert“ war (wie auch der Online-Artikel) unge­­wöhn­­lich mei­­nungs­­­­stark: „[Manche behaupten,] unter Linux kann man mittler­­weile genauso­­gut spielen wie unter Windows […]. Dem ist nicht so.“ Die Rede ist von einem „Linux-Desaster“ und einer „misera­­blen Portierung“ durch Feral. Das Fazit lautet: „Wer XCOM 2 spielen will, kommt an Windows nicht vorbei.“

Das ging mir nicht nur gegen den Strich, weil ich XCOM 2 (zusam­­men mit dem Steam-Controller, dazu ein andermal mehr) gekauft hatte. Wenn die für ihre sehr guten Linux-Ports bekannte Firma Feral Mist gebaut hätte, dann wäre das halt mein Pech. Vor allem irritiert hat mich der c’t-Artikel aber, weil dieser Port als vorbildlich gilt! Ein wichtiger Punkt ist, dass er im Gegensatz zu den meisten anderen größeren Spielen am selben Tag wie die Windows-Version erschienen ist. Aber auch die Performance gilt als auf Augenhöhe mit der Windows-Version. Wobei man erwähnen muss, dass beide Versionen unter Performance-Einbrüchen leiden. (PC Games über das Windows-Spiel: „Ist der Speicher voll, sacken die Bildraten teils auf einstellige Werte ein.“)

Was war passiert? Die c’t hatte die falschen Grafiktreiber erwischt. Sie haben unter Debian mit dem Nvidia-Treiber 361 getestet. Dieser Treiber (der gar nicht in Debian enthalten ist) hat aber leider große Performance-Probleme. In diesem Video kann man einen Geschwin­­dig­­keits­­­­ver­­gleich der Linux- und der Windows-Version ansehen – und Messergebnisse für die in Debian enthaltenen Treiber im Ver­­gleich zu dem, den die c’t genommen hat.

Ich habe das Spiel dann auch installiert (vorher war ich mit besagtem Controller beschäftigt). Es läuft auf meiner 3 Jahre alten Grafikkarte GTX 660 mit den voreingestellten minimalen Details mit 60 FPS und bei mittleren Details und FXAA-Anti-Aliasing mit etwa 40 FPS – einem Wert nur knapp unter dem, den die c’t für eine aktuelle GTX 970 gemessen hat.

Es ist schade, wenn dem Thema Linux Gaming mal ein recht pro­­mi­­nen­­ter Platz, Seite 24, in der c’t eingeräumt wird, und dann auf­­grund eines unglück­­lichen Zufalls eine gerade für die c’t unge­­wöhnlich ver­­nich­­ten­­de Kritik herauskommt.

Ich hab daraufhin folgenden Leserbrief geschrieben…

Der Artikel über die XCOM-2-Portierung auf Linux hat mich über­­rascht. Der harsche Tenor über eine „miserable Portierung“ steht im starken Kontrast zu den Informationen aus dem Netz, dass hier eine Linux-Version, die am selben Tag wie die Win­­dows-Version erschienen ist, auch sehr gut läuft.

Des Rätsels Lösung dürfte die verwendete Version 361 des Nvidia-Treibers sein (die auch gar nicht Teil von Debian ist). Mit der älteren Version 358 läuft das Spiel sehr viel besser. In einem Video (https://www.youtube.com/watch?­­v=9AifonPYCBo) kann man sich sowohl den Ver­­gleich zu Windows als auch den der Treiber-Versionen ansehen – mit dem verwendeten verliert man schnell mal 20 fps Durch­­schnitts­­frame­­rate. Das entspricht meinen Erfahrungen mit meiner drei Jahre alten GTX 660 und dem Debian-Treiber 355, die bei niedrigen Details zwischen 50 und 60 fps liefert. Bei mittleren Details mit FXAA liegt sie in der Größenordnung, die Sie mit einer GTX 970 gemessen haben. Die gelegentlichen Abstürze der Framerate betreffen leider sowohl Linux als auch Windows.

Ich freue mich sehr, dass c’t nun ab und zu über Linux Gaming berichtet – schade, dass ein für die c’t ungewöhnlich mei­­nungs­­starker Artikel („Desaster“) zum Thema zu einem nicht un­­we­­sent­­lich Teil auf einem unglücklichen Zusammentreffen be­­ruht…

Ich habe mich ja gefragt, wie die c’t damit umgeht, wenn tausende von c’t-Lesern, die sich so für das Thema interessieren wie ich, alle einen Leser­­brief dazu schreiben. Sie haben dafür eine Lösung. Zusätz­­lich zur Information, um welchen Artikel es geht, gilt es eine Zusammen­­fassungs­­zeile auszufüllen, an der der Redakteur schnell sehen kann, was der Leser zum Artikel zu sagen hat:

„Ihre Mitteilung in einem Satz: Der verwendete Nvidia-Treiber hat eine sehr schlechte Performance, mit dem richtigen Treiber läuft der Linux-Port gut.

 

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