Ich weiß nicht, was meinen Vater damals geritten hat: Unser erster PC hat über 10.000 Mark gekostet. Kann man schon mal bringen, wenn man in einer Villa residiert – aber nicht in einer Wohnung mit Kachelofen. So sind wir jedenfalls 1990 zu einem 386er mit 20 MHz gekommen – und einer Turbo-Taste, die ihn auf 25 MHz getrieben hat! Heute hat ein Handy das Hundertfache.
Sehr viele Erinnerungen daran, wie es vor 25 Jahren mit diesem PC war, habe ich nicht mehr. Ich weiß noch, dass wir uns nicht sicher waren, ob die Festplatte von allein in eine sichere Position fährt, und deshalb jahrelang jedes Mal vor dem Ausschalten den DOS-Befehl „fxpark“ eingegeben haben. Ein Windows hatten wir auch drauf, Version 2.x, aber das war damals nur ein unnützer DOS-Aufsatz.
Die „Turbo-Taste“ haben wir anfangs wohl fast ungenutzt gelassen. Wer bräuchte mehr als die pfeilschnellen 20 MHz? Außerdem gab es damals professionelle Spiele, an „Defender of the Crown“ erinnere ich mich da zum Beispiel, die auf schnellen Rechnern schlicht zu schnell liefen. Twinoid, das ich auf diesem PC angefangen und auf dem Nachfolger fertiggestellt habe, passte sich hingegen an die Geschwindigkeit des Rechners an. Gegen Ende, als sich die Computerwelt weitergedreht hatte und es schon die Nachfolgegeneration der 486er und dann die Pentiums gab, war die Turbo-Taste ständig aktiviert.
Der Rechner hatte anfangs glaube ich 0,002 GB Hauptspeicher (mein aktueller hat jetzt 8 GB), 0,1 GB Festplattenplatz (ca. 1500 GB), 0,025 GHz Taktrate (3,8 GHz, wobei pro Hertz heutzutage auch noch viel mehr berechnet werden kann), eine EGA-Grafikkarte mit 16 Farben (GTX 780 – die mehr berechnen kann als der aktuelle Prozessor), die später gegen eine VGA-Karte ausgetauscht wurde, …
Der Rechner stand lange Jahre im Keller. Anlässlich dieses Beitrags habe ich ihn noch einmal herausgeholt und zu starten versucht. Mit einer geliehenen Tastatur für den Uraltanschluss kam ich immerhin in das BIOS-Setup. Dort sollte man eine von 47 vorgegebenen Festplattengeometrien aussuchen, verbunden mit der Warnung, dass die falsche Geometrie zu Fehlern führen könne. Ich habe alle durchprobiert, habe das System aber nicht mehr zum Booten gebracht. Vielleicht ist die Festplatte auch längst hinüber. Von Diskette booten habe ich dann nicht mehr versucht.
Wir hatten damals noch Diskussionen mit dem Verkäufer, weil der Rechner nur ein MB statt der bezahlten zwei angezeigt hat. Man sagte uns, das wäre so viel Speicher, dass DOS das gar nicht anzeigen könne. Das war natürlich Quatsch. Wobei der DOS-Veteran weiß, dass einem der zusätzliche Speicher meist nicht viel genützt hat. Es kam auf den freien Speicher unterhalb von 640 KB an, den man dann mit viel Müh‘ und Not und Gefrickel an config.sys und autoexec.bat optimiert hat – bis das nächste Spiel wieder 300 Bytes mehr brauchte…
Ich habe den Rechner dann noch auseinandergebaut. Wie vollgestopft so ein großer Tower damals war…! Hier der Vergleich zwischen unserem ersten PC und dem, den ich dieses Jahr meiner Schwiegermutter zusammengebaut habe. Im einen hauptsächlich Technik in veralteten Dimensionen – im anderen fast nur Luft.
Überrascht hat mich die Festplatte. Ich bin mir nicht sicher, ob ich jemals bemerkt hatte, wie riesig die ist. Auf dem Bild sieht man eine herkömmliche Platte, wie sie seit bestimmt zwei Jahrzehnten üblich sind, darüber eine SSD (ein elektrischer Speicher, der Festplatten ersetzen kann) und spaßeshalber noch eine Compact-Flash-, eine SD- und eine Micro-SD-Speicherkarte. Alles unter der normalen (1000 GB großen) Festplatte, sowohl der rundliche Plastikkorpus als auch der metallische, gehören zusammen und bilden die 100-MB-Festplatte unseres ersten PCs! Ich habe es nicht übers Herz gebracht, sie wegzuwerfen – das ist doch schon ein Museumsstück!?
Als ich die Fotos gemacht habe, habe ich den Rechner noch einmal unter Strom gesetzt, damit man die Turbo-Anzeige sehen kann. Zum Abschied hat mir dabei der von der Hülle befreite Kasten 230V durch die Finger gejagt. Er hat auf dem Recycling-Hof trotzdem noch ein Küsschen bekommen.
Ruhe in Frieden.
Oh man, wie kann man so ein tolles Gerät entsorgen ?
Das ist ein echtes Museumsstück.
Und dazu noch lauffähig :(
Sehr interessanter Artikel. Vielen Dank! Als Computerenthusiast lustig den alten Computer zu betrachten :)
Siehe Auktionsplattformen, alte Hardware kann ein kleines Vermögen wert sein.
Sorry, aber wie kann man sowas auf den Recyclingshof bringen. Unfassbar. Anstatt den an Interessierte abzugeben, es gibt genug Personen die sich damit auseinander setzen. Hauptsache ranten in dem Artikel.
Also, ich kenne niemanden, der sich für einen 386er interessiert. Zu jung für ein Museumsstück, viel zu alt um irgendwem irgendwas zu nützen. Wo finde ich diese Interessierten?
PS: Ich weiß nicht, wo du „Gerante“ gefunden hast.
Vielleicht in einem Forum oder in Ebay Kleinanzeigen zum verschenken anbieten?
Es gibt sogar für Pentiums Sammler. Unglaublich, aber wahr.
Ich als Sammler hätte ihn genommen. Ich hätte ihnen auch Geld dafür gegeben. Schade…
Merkwürdigerweise findet ‚man‘ sonst auch zu allem Infos im Netz. Für diese Maschinen gibt es eine sehr lebhafte und große Fangemeinde die sich um den Erhalt kümmert. Stichwort alte Dos Spiele bspw. Da hat er schon einen Nutzen…. Aber wie gesagt, man muss auch gewillt sein Infos zu suchen :/ Mir jedenfalls blutet das Herz bei diesem wunderbaren Big Tower.
Das kann wirklich nicht wahr sein. Da erkennt man schon, dass es ein Museumsstück ist, und dann … schmeißt man es weg!?
Das Booten wäre einfach gewesen: Die Daten auf der Festplatte im BIOS eintragen, schon hat man die richtigen Werte.
Eine sehr traurige Geschichte! Was hätte ich dafür gegeben, meinen ersten 386er (ein Highsreen) wieder zu bekommen, insbesondere in dem ausgezeichneten Zustand … heute leider unbezahlbar!