Ich weiß nicht genau, wie lange meine Debian-Installation schon existiert. Sie wurde über viele Jahre bei Bedarf auf eine größere Festplatte kopiert, eines Tages auf 64 Bit umgestellt und zuletzt auf eine SSD gebracht, ohne dass ich dabei eine neue Programmauswahl getroffen oder neu konfiguriert hätte. Natürlich habe ich im Laufe der Jahre neue Programme installiert oder alte umkonfiguriert, aber die Basis ist immer dieselbe geblieben. Ich hatte auch mal meine Festplatten-Crahes; es kann sein, dass ich damals von vorne anfangen musste. Aber eins ist gewiss: Mein System war im Kern alt. Uralt, für Computer-Verhältnisse. Am Wochenende habe ich mich von meiner Debian-Installation verabschiedet. Schweren Herzens. Aber es wurde Zeit für etwas Neues: eine jungfräuliche Debian-Installation.
Anlass war zum einen, dass ich zusammen mit meinem neuen VDR-Gehäuse noch eine größere, schnellere SSD gekauft habe. Auf den bisherigen 80 GB wurde es für Linux mit meinen Daten und Windows mit Spielen zu eng und auf der rotierenden Festplatte sollen nur selten genutzte Daten liegen. Zum anderen haben wohl die Probleme, die ich vor kurzem hatte, einen Anstoß gegeben. Ich vermute, dass das Hauptproblem auf einen uralten Eintrag in einer Konfigurationsdatei zurückzuführen ist. Damals (in den Neunzigern?) hat man diesen Eintrag halt gebraucht, und wenn man die Konfiguration über lange Zeit mitschleppt, provoziert man so Dinge, an die die Entwickler heute gar nicht denken.
Bei der Gelegenheit will ich ein paar Altlasten über Bord werfen. Ein Desktop-PC muss seine Mails nicht über einen Mail Transfer Agent schleusen. Die paar Mails kann der Mail-Client (bei mir kmail) leicht selbst handhaben. Den individuellen Spam-Filter habe ich auch erstmal weggelassen – werde ihn aber wohl bei Gelegenheit wieder scharfmachen. Meine Sammlung an Spam ist riesig. Ich habe immer erwünschte Mails wie auch Spam-Mails an meinen Spam-Filter verfüttert, so dass er wusste, wie bei mir „gute“ und wie „böse“ Mail aussieht. Grundsätzlich ist das leistungsfähiger als ein Filter beim Provider. Wenn ich regulär Mails über Drogen bekomme, aber keine über Viagra, dann ist Letzteres ein Zeichen für Spam, Ersteres nicht. Bei einem Anderen mag es umgekehrt sein. Inzwischen sind die Filter bei den Providern aber ziemlich gut. Heutzutage sind wohl über 90 Prozent aller versendeten E-Mails Spam, und trotzdem ist das System E-Mail benutzbar geblieben. Mein Uralt-Spam hatte wohl eh keine große Aussagekraft mehr. Ich glaube, das Spam-Erkennungsprogramm Spamassassin berücksichtigt zu alte Mails gar nicht bei seiner Wertung. Ich werde nun mal kucken, wieviel Spam so kommt, und wie ich damit umgehe.
Ich will auch die neuen Fähigkeiten von KDE ausprobieren. Bisher habe ich mich immer bemüht, es halbwegs beim gewohnten Verhalten von vielleicht KDE 2 oder Windows 98 zu halten. Man kann heutzutage lustige Dinge auf den Desktop bringen – „Apps“, wenn man so will. Das Wetter, eine Diashow und alles mögliche andere. Oder man lässt sich für den schnellen Zugriff die zuletzt oder am häufigsten aufgerufenen Programme anzeigen. Aber allzu unstet möchte ich meinen Desktop nicht haben, das lenkt nur von den eigentlichen Programmen ab, die man benutzt.
Weiterhin ist ein Fehler verschwunden, den ich vorher partout nicht wegbekommen habe. (Nicht einmal, in dem ich das Binärprogramm mit einem Script aus dem Netz gepatcht habe…) In letzter Zeit hat das Flash-Plugin Sound nicht ordentlich wiedergegeben, es kam immer wieder zu Störgeräuschen. Die Ursache ist vermutlich, dass die Programmierer einen kleinen, ziemlich verbreiteten Fehler gemacht haben: Der Befehl memcpy kopiert Speicher von einem Fleck an einen anderen. Laut seiner Definition dürfen sich die beiden Speicherbereiche nicht überlappen. Sonst ist das Verhalten „undefiniert“, es kann also sonstwas passieren – unter anderem das Richtige. Nun arbeiten die meisten Systeme so, dass bei einem solchen Aufruf meist das Gewünschte passiert und niemand den Programmierfehler bemerkt. Vor einer Weile wurde die entsprechende Linux-Bibliothek (libc) aber so verändert, dass sie unter Umständen andersherum kopiert und der Fehler zutage tritt. Das Problem wird hier diskutiert, auch von Linux-Vater Linus Torvalds. Man kann sich trefflich darüber streiten, ob man die Änderung der Bibliothek zurücknehmen sollte, um Software, die jahrelang funktioniert hat, nicht zu verwirren, oder ob man gerade andersherum kopieren sollte, um die Fehler zu finden, die seit Jahren in der Software schlummern. So problematisch kann solch ein Fehler übrigens wohl nur bei Closed Source werden. Bei Open Source steht der Quellcode jedem zur Verfügung, man darf ihn ändern und verbreiten. Es wäre also kein Problem gewesen, den Flash-Player zu korrigieren.
Das Umziehen auf eine neue Festplatte ist auch immer eine Gelegenheit, wieder mehr Ordnung in seine Daten zu bringen. Man muss die Sachen, die sich auf dem Desktop oder im Heimverzeichnis angesammelt haben, ja nicht wieder blind dahin verschieben. Auch meine Fotos könnten mal Ordnung und auch großzügige Löschung vertragen. Aber das ist eine andere Geschichte…