Ich muss nochmal auf Frozen Synapse zurückkommen. Ich hatte mich vor meinem Beitrag zu diesem Spiel ja noch nicht in den Mehrspielermodus getraut. Nachdem ich vor einer Weile den Einzelspieler-Teil nach sage und schreibe 44 Stunden durchgespielt hatte, „musste“ ich nun. Inzwischen habe ich ähnlich viel Zeit mit menschlichen Gegnern verbracht.
Jetzt kommt eine schwierige Aufgabe… Ich muss diverse Schwächen aufzählen, und komme dann trotz allem zum Schluss, dass auch der Multiplayer-Modus von Frozen Synapse viel Spaß macht.
Als ich das erste Online-Spiel wagen wollte, habe ich im Menü links unten die Spielmodi ausgesucht, die ich zulassen wollte. Es gibt „dark“- und „light“-Varianten. Bei „light“ sieht man immer, wo sich die gegnerischen Figuren zu Beginn des Zuges aufhalten. Bei „dark“ sieht man nur die, die eine der eigenen Einheiten gerade im Blickfeld hat. Die anderen sieht man ausgegraut an der Position, wo sie zuletzt gesichtet wurden, zusammen mit der Information, vor wievielen Sekunden (und Zehntelsekunden, wir sind bei Frozen Synapse!) sie dort gesehen wurden. Ich wollte erstmal „light“ spielen. Dann habe auf den „Find me a game“-Knopf gedrückt – und bin in einer „dark“-Variante gelandet.
Ein Dutzend Spiele später hatte ich gelernt, welche Arten es gibt, an ein Spiel zu kommen. Neben der Auswahl der Spielmodi ist ein unauffälliger Knubbel. Solange der rot ist, wird einem kein Gegner zugeteilt. Wenn man ihn auf gelb umschaltet, wird ein Gegner für einen der ausgewählten Spielmodi gesucht. Schaltet man weiter auf grün oder drückt besagten Los-gib-mir-schnell-ein-Spiel-Knopf, dann wird einem ein Gegner in irgendeinem Spielmodus gegeben. Ärgerlicherweise habe ich keinen Weg gefunden, den Knopf von gelb direkt auf rot zu schalten, beim nächsten Klick wird er immer grün…
Es gibt noch einen weiteren Weg, einen Gegner zu bekommen: Man sucht sich einfach einen aus der Liste aus, dazu einen Spielmodus, und wenn man mag, kann man auch das Spielfeld und die zur Verfügung stehenden Einheiten feintunen. Doch hier lauert das nächste Ärgernis: Eine solche direkte Herausforderung lässt sich nicht ablehnen! Wenn man das Spiel nicht spielen möchte, bleibt einem nur, keinen Zug durchzuführen – und es so ewig in seiner Liste von offenen Spielen zu haben.
Denn ein Spiel darf – und das sei ausdrücklich als Pluspunkt gekennzeichnet – lang dauern, wenn die Kontrahenten es möchten. Das geht soweit, dass man sich eine E-Mail schicken lassen kann, wenn der Gegner seinen Zug abgegeben hat. Das erinnert doch an gutes altes Fernschach.
Doch damit ist ein weiteres Problem verbunden: Wenn jemand am Verlieren ist, konnte er bis vor kurzem einfach aufhören, die Partie zu spielen. Dadurch wurde die Niederlage nie realisiert und in Minuspunkte in der Wertung umgesetzt. Diesem Ärgernis haben die Entwickler jetzt zum Glück einen Riegel vorgeschoben: Wer zwei Wochen lang keinen Zug abgibt, verliert ein Spiel jetzt automatisch.
Auch die verschiedenen Spielmodi sind nicht alle perfekt umgesetzt. Wobei es bei dem einen oder anderen Fehler von mir oder einem Gegner geholfen hätte, vorher die Anleitung zu lesen – das kann man natürlich schwerlich dem Spiel anlasten. Aber auch danach bleiben Ungereimtheiten.
Beim Spielmodus Hostage muss man mindestens eine von zwei Geiseln befreien. Dazu soll man seine Angreifer auf den grünen Rändern postieren. Leider funktioniert das aber immer nur mit einem der grünen Ränder! Angeblich muss man die Geiseln dann zum gelben Rand geleiten. Leider war bei mir noch nie ein Rand gelb! (Man kann sehen, über welche Ränder die Flucht erlaubt ist, wenn man eine Geisel anklickt und schaut, zu welchem Rand eine Linie führt.)
Extermination ist sozusagen die Grunddisziplin: Alle Gegner töten. Wobei es eine Rundenbegrenzung gibt, nach der derjenige mit den meisten Einheiten gewinnt. Gelegentlich bekommt jeder Spieler eine Ecke zugeteilt. Wer es in einer solchen Partie in die Ecke seines Gegners schafft, hat vorzeitig gewonnen. Mit der Methode „alle Töten“ kann man natürlich auch jeden anderen Spielmodus gewinnen.
Bei Disputed versuchen die Spieler in den ersten Runden, die Kontrolle über möglichst große Teile des Spielfelds zu gewinnen. In Runde fünf tauchen fünf Kästen auf, von denen man mehr als der Gegner einsammeln und zum Rand des Spielfelds retten muss.
Bei Secure und Charge findet zu Beginn ein „Bieterwettbewerb“ statt. Wer die größere Fläche verteidigen (Secure) oder weiter in das Gebiet des Gegners eindringen (Charge) will, übernimmt die entsprechende Aufgabe.
Das Ergebnis einer Mehrspielerrunde wird mit Punkten gewertet und fließt in eine Elo-Wertung ein, wie es sie auch beim Schach gibt. Ich bin stolz darauf, dass ich mal zweiter der Tagesrangliste war und unter den ersten Tausend der Weltrangliste.
Call Of Duty – Black Ops II wurde mir damals von den Mitspielern verleidet. Bei Frozen Synapse ist das Gegenteil der Fall, der Umgang miteinander ist freundlich. Wenn man ein gutes, faires Spiel hatte, verabschiedet man sich mit „gg“ (good game), und wenn man dem anderen seinen Respekt für seinen Sieg zollen will auch gerne mit „wp“ (well played).
Es kann sein, dass sich bei der einen oder anderen Schwierigkeit das Problem mal wieder zwischen Tastatur und Stuhl befand. Aber insgesamt ist der Mehrspielermodus ein wenig „unrund“. Trotzdem kann ich ihn sehr empfohlen.