Vor einigen Wochen hatte ich über die öffentliche Test-Version des Rätselspiels The Talos Principle berichtet. Sie hat mich so überzeugt, dass ich das Spiel ausnahmsweise vorbestellt habe (auch, weil es einen kleinen Rabatt und eine Gratis-Kopie von Serious Sam 3 dazu gab). Ich habe es nicht bereut.
Der Protagonist von The Talos Principle ist ein Androide, wie man schnell erfährt, wenn man in die Third-Person-Ansicht umschaltet oder ihm bei verschiedenen Aktionen auf die Finger schaut. Er erwacht in einer Ruinenlandschaft, und Elohim – das hebräische Wort für Gott – spricht zu ihm. Aus dem Nichts oder aus ihm selbst, man weiß es nicht. Elohim hat ihm Prüfungen auferlegt. Was ja weder für einen Gott noch für ein Rätselspiel sehr ungewöhnlich ist.
The Talos Principle hält drei Sorten von Rätseln bereit. Für Elohim sollen wir in abgegrenzten Gebieten jeweils einen Siegelstein bergen. Hat man die nötigen Steine zusammen, die nicht zufällig wie die berühmten Tetris-Klötze aussehen, muss man damit ein Rechteck nahtlos füllen, um so Türen zu öffnen. Und als Bonus gibt es Sterne zu sammeln. Die können überall versteckt sein, und häufig habe ich sie nicht einmal zu sehen bekommen, geschweige denn bergen können. Das muss man aber auch nicht, um The Talos Principle abzuschließen. Und schließlich hält das Spiel noch das eine oder andere Easter Egg bereit.
Die Sterne scheinen mir der schwierigste Teil des Spiels zu sein, doch auch die Siegel sind nicht alle leicht zu erreichen. Im Laufe der Zeit werden verschiedene Mechanismen eingeführt und dann auch munter kombiniert. Angenehm ist, dass man Rätsel, die einem gerade unlösbar erscheinen, erstmal links liegenlassen kann. Wenn man sich zu lang bei einem aufhält, macht einen sogar Elohim persönlich darauf aufmerksam. Man kann aber theoretisch alle Rätsel der Reihe nach lösen.
Ich bin mir nicht sicher, woran man intelligente Rätsel erkennt, aber ich hatte den Eindruck, in diesem Spiel gibt es einige davon. Vielleicht ist folgendes ein Indiz: Im Weihnachtsurlaub, also mit ein paar Tagen Abstand vom Spiel, lag ich abends im Bett und habe eins der Rätsel, an denen ich vorher gescheitert war, im Kopf gelöst. Dieses Rätsel hat also nicht durch zu viele Elemente verwirrt oder dadurch, dass man Mechaniken nicht durchschaut hat. Alle Informationen lagen vor mir und passten sogar in mein eher schwaches Gedächtnis. Ich musste sie nur richtig zusammensetzen. Ich denke, das könnte ein Indiz für ein intelligentes Rätsel sein. Es war durch Probieren nicht lösbar, durch reines Denken aber schon.
Neben der einseitigen Kommunikation mit Elohim stößt man auch früh auf Terminals, mit deren Hilfe man mit einer Bibliothekssoftware kommunizieren kann. Diese gewährt uns nicht nur Zugriff auf ihr bruchstückhaftes Archiv, es entspinnt sich auch die eine oder andere philosophische Unterhaltung mit der KI. Im Laufe des Spiel ahnen wir mehr und mehr, warum wir alleine durch diese Welt laufen, was es mit ihr auf sich haben könnte und gegen Ende auch, worauf das Ganze wohl zusteuert.
The Talos Principle ist in meinen Augen, gerade für ein Rätselspiel, optisch wirklich gut gelungen. Als ich auf der Suche nach verborgenen Sternen durch die Landschaft gelaufen bin, habe ich immer wieder festgestellt, wie schön sie eigentlich ist. Zum Teil aufgrund der Landschaft, zum Teil aufgrund scharfsinniger oder lustiger Texte habe ich beim Spielen über 100 Screenshots angefertigt.
Was man bemeckern könnte, ist die Physik. Man kann nicht einfach so auf eine Kiste springen. Stattdessen wird eine Spur der Füße auf der Kiste gezeigt, und wenn man die passende Taste drückt, landet man genau an diesem Fleck. Diese Vereinfachung kam mir ein wenig einschränkend vor. Man könnte meinen, die Entwickler wollten hier einen unerwünschten Geschicklichkeitsaspekt aus dem Spiel nehmen. Andererseits tauchen im Spiel – im Gegensatz zur Testversion – andere Elemente auf, namentlich fliegende Minen, bei deren Umgehung es auch schon mal ein Stück weit auf Geschicklichkeit und Tempo ankommt. Dann hätte man dem Spieler vielleicht auch zumuten können, ganz klassisch selbst auf eine Kiste zu springen und sich dort zu positionieren. Schade fand ich auch, dass sich Kisten, die man locker tragen kann, keinen Millimeter bewegen, wenn man gegen sie läuft. Und zumindest eines der Rätsel ließe sich kaum so lösen, wenn der Impulserhaltungssatz in der Welt des Androiden derselbe wäre wie bei uns.
Wer intelligente Rätsel in einer schönen Umgebung mag, der ist bei The Talos Principle gut aufgehoben. Wer sich für philosophische Betrachtungen interessiert, meines Erachtens auch. Zusammen mit einer Maschine kann man sich Gedanken über Leben und Tod, Sein und Bewusstsein, Mensch und Maschine, Sinn und Unsinn machen. In einem Steam-Review lobt ein Doktor der Philosophie die Umsetzung – dafür, dass es „nur“ ein Videospiel ist.
The Talos Principle ist für Linux, Mac und Windows erhältlich und ist seinen Preis von 40€ in meinen Augen eindeutig wert. Auch hier noch einmal der Hinweis: Wem, wie mir, bei diesem Spiel flau im Magen wird (obwohl ich sonst mit Spielen kein Problem habe), sollte sich diese Tipps anschauen. Ich mach mich jetzt auf. Sterne suchen.